Bluthochdruck bei Sportlern

Evaluation des Bluthochdrucks bei Athleten

Diagnostik

Familiäre Belastung durch Bluthochdruck und/oder prämature kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall müssen ebenso erfragt werden wie externe, den Blutdruck erhöhende Faktoren (Tab. 1). Salz, gesättigte Fettsäuren, Alkohol, Tabakprodukte, Medikamente, Dopingsubstanzen sowie Nahrungsergänzungsmittel und orale Kontrazeptiva bei Frauen stehen hier im Mittelpunkt.
Die körperliche Untersuchung beinhaltet die Blutdruckmessung mindestens einmal an beiden Oberarmen, bei abgeschwächten Fußpulsen ebenfalls an den Beinen, wobei Standards der Blutdruckmessung (u.a. ungestörte Ruhe für mindestens fünf Minuten, sitzende Position, Oberarm auf Herzhöhe, adäquater Manschettenumfang etc.) eingehalten werden müssen.

Die Diagnose eines arteriellen Hypertonus erfordert mindestens drei voneinander unabhängige Messzeiten, die bei hoher Prävalenz eines Praxishochdrucks – insbesondere bei jungen Athleten – durch eine ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung ergänzt werden sollten. Auch bei erhöhten Blutdruckwerten an den Oberarmen sollte mindestens an einem Bein, insbesondere bei Patienten jenseits des 30. Lebensjahrs, der Blutdruck gemessen werden. Ein Knöchel-Arm-Index unterhalb von 0,9 ist gleichbedeutend mit einer peripheren Durchblutungsstörung (pAVK) oder ein Hinweis auf eine Aortenisthmusstenose.

Ein 12-Kanal-Ruhe-EKG sowie eine spezifische Labordiagnostik (vgl. Empfehlungen der entsprechenden Fachgesellschaften) gehören dazu, im Gegensatz zur Deutschen Hochdruckliga empfehlen die meisten internationalen und hier insbesondere sportmedizinischen Fachgesellschaften regelmäßig die Durchführung eines Belastungs-EKGs auf dem Fahrrad- oder Laufbandergometer sowie die Durchführung einer Herzultraschalluntersuchung (Echokardiografie).

Belastungshypertonie

Erhöhte Blutdruckwerte bei (definierter) ergometrischer Belastung (sog. „Belastungshypertonie“) werden uneinheitlich definiert, es existieren z.T. ältere absolute Werte für bestimmte Belastungsstufen, zusätzlich werden Diagramme eingesetzt. Orientierend liegen erhöhte Blutdruckwerte bei fahrradergometrischer, standardisierter Belastung vor, wenn bei 100 Watt ein systolischer Blutdruck von 200 mmHg bzw. bei über 50-Jährigen von 215 mmHg überschritten wird. Oft wird ein oberer Grenzwert von 250/120 mmHg als absolutes Abbruchkriterium angegeben, dies erscheint jedoch aus heutiger Sicht bei Sportlern bzw. Sportarten, die während der Ausübung ihres Sportes phasenweise wesentlich höher belasten, nicht mehr sinnvoll.

Auch deutlich höhere Blutdruckwerte bei sehr leistungsfähigen Sportlern können durchaus physiologisch sein. Bei Gewichthebern wurden bei der doppelten Beinpresse Blutdruckwerte mit im Mittel von 320/250 mmHg und im Einzelfall von 480/350 mmHg gemessen.

Therapie

Zuletzt formulierte im Jahr 2005 in den USA die 36. Bethesda-Konferenz Empfehlungen für Athleten mit kardiovaskulären Erkrankungen zur Prävention des plötzlichen Herztodes oder eines Fortschreitens der zu Grunde liegenden funktionellen oder strukturellen Erkrankungen. Auch im deutschsprachigen Raum wird dabei zwischen zwei grundsätzlichen Arten des Sports unterschieden: Dynamische (Volumenbelastung für den linken Ventrikel) oder statische (Druckbelastung für den linken Ventrikel) Sportarten, darüber hinaus trennt man drei Intensitätsstufen (niedrig, mittel, hoch) sowie die An- oder Abwesenheit von Kontakt- bzw. Kollisionskomponenten (Abb.1).

Aufgrund des weiten Spektrums sowohl statischer als auch dynamischer Belastungen in vielen Sportarten bestehen Limitierungen innerhalb dieses Klassifikationssystems, sodass entsprechende Beratungen eines Sportlers mit Bluthochdruck individuell formuliert werden müssen. Bei der Beratung sind ebenfalls die unterschiedlichen Anforderungen während des Trainings und in Wettkampfsituationen zu beachten. Besondere Empfehlungen bestehen noch für Kinder und Jugendliche mit erhöhtem Blutdruck im Hinblick auf Training und Wettkampf.

Prinzipien der Behandlung des Sportlers mit erhöhtem Blutdruck

Grundsätzlich sollten sich betreuende und behandelnde Ärzte bzw. Therapeuten stets bewusst sein, dass Sportler aller Aktivitätsniveaus jeweils einzigartige physiologische und psychologische Eigenschaften aufweisen und dass eines der zentralen Betreuungsziele der Erhalt der sportlichen Aktivität im größtmöglichen Rahmen sein muss.

Unabhängig davon muss ein manifester Bluthochdruck auch bei Sportlern effektiv und nach modernen Standards behandelt werden, da ein unbehandelter Hochdruck sowohl Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit als auch unkalkulierte gesundheitliche Risiken mit sich bringt. Hier sind Zielwerte von unter 140/90 mm Hg bzw. vom unter 130/80 mm Hg bei Begleiterkrankungen (Nierenerkrankungen) sicher anzustreben und auch kontrolliert beizubehalten.

Nichtmedikamentöse Therapiestrategien

Essenzielle Lebensstilinterventionen sind in Tab. 2 dargestellt. Besonders wichtig sind diese Empfehlungen bei Patienten mit Diabetes mellitus, älteren Sportlern („master athlets“) sowie bei Sportlern afroamerikanischer Herkunft.

Medikamentöse Therapie

Bei der medikamentösen Differenzialtherapie sind die antihypertensive Wirksamkeit, der Nachweis einer Prognoseverbesserung sowie die Berücksichtigung jeweils vorliegender individueller Begleit- und Folgeerkrankungen entscheidend. Bewegungstherapie und medikamentöse Therapie haben sich synergistisch zu ergänzen und nicht zu konterkarikieren. Beim Sportler sollten durch die Medikation erreicht werden:

  1. Eine effektive Kontrolle sowohl des Ruhe- als auch des Belastungsblutdrucks
  2. Eine Stoffwechselneutralität
  3. Keine Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit sowie der subjektiven Leistungsbereitschaft
  4. Keine Beeinträchtigung der (gesamten) Lebensqualität.

Somit sind entsprechend den aktuellen nationalen und internationalen Leitlinien der Hypertonie-Fachgesellschaften angiotensin-converting-enzyme (ACE)-Inhibitoren und Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB) aufgrund fehlender metabolischer Nebenwirkungen und Nichtbeeinflussung der maximalen Sauerstoffaufnahme bei ähnlicher Blutdrucksenkung zu bevorzugen, wobei spezifische Nebenwirkungen wie Husten bei den ARB deutlich seltener auftreten. Insbesondere bei älteren Sportlern sowie bei Sportlern mit afroamerikanischem Hintergrund stellen Kalziumantagonisten und Thiazide (Diuretika) sinnvolle Alternativen dar.

Betablocker

Betarezeptorenblocker (insbesondere der sog. 3. Generation mit begleitender vasodilatatorischer Eigenschaft und vergleichsweise reduzierten metabolischen Nebenwirkungen (negative Beeinflussung in höheren Dosierungen sowie unerwünschte Reduktion der maximal erreichbaren Herzfrequenz)) sind insbesondere bei Patienten mit gleichzeitig bestehender koronarer Herzerkrankung sinnvoll. Insbesondere bei Betablockern und Thiaziden sind die internationalen Dopingrichtlinien zu beachten. Bestimmte Medikamentenkombinationen wie z.B. ACE-Inhibitoren oder ARB mit Kalziumantagonisten wirken synergistisch.

Autor: Dr. med. Roland Nebel

Dieser Artikel stammt aus dem Archiv der ehemaligen Seite medicalsportsnetwork.de. Er wurde mithilfe der Wayback Machine (archive.org) rekonstruiert um weiterhin zur Verfügung zu stehen.