Chronisch traumatische Enzephalopathie (CTE) als Folge von Kopfverletzungen

Chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE) ist ein Begriff, der ursprünglich im Jahr 1928 von Dr. Harrison Martland für ein eigenes Krankheitsbild eingeführt wurde. Er führte den Begriff Punch-Drunk ein, um ein charakteristisches Spektrum von Veränderungen für Boxer zu beschreiben, „die beträchtliche Kopftreffer hinnehmen in dem Bemühen, einen Knockout-Schlag zu landen“ und wurde auch „allgemein für zweitklassige Kämpfer, die zu Trainingszwecken eingesetzt werden“, verwendet.

Die Frühsymptome, die er beschrieb, waren eine leichte geistige Verwirrung, allgemein verlangsamte Muskelbewegungen, Sprachverzögerung und Zittern der Hände. Diese Symptome wurden bei fast der Hälfte der Kämpfer, die lange genug im Spiel blieben, mit den Spätsymptomen Bewegungsdefizite und ausgeprägtem geistigen Verfall beschrieben, die eine Einlieferung in eine Anstalt erfordern. Später wurde durch Millspaugh (1937) der Begriff Dementia pugilistica geprägt, um den gleichen Symptomkomplex zu beschreiben.

Zeitgleiche Theorien über Gehirnerschütterung ließen Spekulationen über die Ätiologie mit der Annahme einer Blutung durch mehrere Gehirnerschütterungen als mögliche Ursache zu, Martland behauptete, dass diese Theorie, obwohl sehr verlockend, nicht beweisbar sei. Edward Carroll (1936) veröffentlichte einen sinnverwandten Beitrag, in dem geschlussfolgert wurde, dass wenige Informationen über die tatsächlichen anatomischen Veränderungen bei Punch Drunk verfügbar sind, und die Erklärung dieses Syndroms sich auf Analogien und Vermutungen stützen muss. Nachfolgende Versuche, die pathologischen Veränderungen zu definieren, wurden durch zu wenig geeignetes Material behindert, das nichts mit Boxen zu tun hatte, ergänzt durch isolierte Fallberichte.

Im Jahr 1954 veröffentlichten Brandenburg und Hallervorden eine der frühesten histopathologischen Untersuchungen, in der sie einen Boxer mit Anzeichen einer Enzephalopathie anführten. Zu den in diesem Fall beschrieben Symptomen gehörten Verschwommenheit der Sprache, Vergesslichkeit und Reizbarkeit, die zehn Jahre nach Ausscheiden aus dem Ring im Alter von 38 Jahren auftraten. Er starb im Alter von 51 Jahren an einer Gehirnblutung, nachdem er im letzten Jahr seines Lebens an Parkinson und Demenz gelitten hatte.

Die Histologie zeigte senile Plaquebildung mit in der Rinde festgestellten Neurofibrillen, basalen Kernen und ein in den Abmessungen verringertes Kleinhirn. Die Anwesenheit seniler Plaques wurde durch zu diesem Zeitpunkt verfügbare Färbetechniken gezeigt, in diesem Einzelfall bestand aber eine größere Möglichkeit, dass es sich bei der Demenzerkrankung tatsächlich um eine Alzheimer-Krankheit handelte. Critchley (1957) behauptete, dass sie [die Symptomatik], wenn sie erst einmal feststeht, nicht nur keine Reversibilität zulässt, sondern normalerweise weiter fortschreitet, auch wenn die Boxer das Boxen aufgegeben haben. Anschließend wurde eine Reihe von Einzelfällen veröffentlicht, die über Anzeichen und Symptome dieser Erkrankung bei ehemaligen Boxern berichten.

Drei Phasen der klinischen Verschlechterung

Corsellis, Bruton und Freeman-Browne (1973) beschrieben den „psychopathischen Verfall der Faustkämpfer“, als sie über die Befunde von 15 neuropathologisch untersuchten ehemaligen Boxern berichteten. Die aus dieser Analyse gewonnenen Daten führten – zusammen mit aus schon früher veröffentlichten Fällen erhaltenen – zu dem Vorschlag, dass es drei Phasen der klinischen Verschlechterung gibt.

Erstens den ersten Ausbruch mit allgemeinen affektiven Störungen und psychotischen Symptomen. Die zweite Stufe umfasste in der Regel soziale Instabilität, unberechenbares Verhalten, Gedächtnisverlust und erste Anzeichen parkinsonähnliche Symptome. Die letzte Stufe wurde als der Punkt beschrieben, an dem allgemeine kognitive Dysfunktionen bis hin zu voll entwickelter Demenz fortgeschritten sind, oft mit parkinsonähnlichen Symptomen sowie Gang- und Sprachauffälligkeiten.

Da sich die Inzidenz von CTE hauptsächlich aufgrund des Fehlens prospektiver Studien als schwer feststellbar erwiesen hat, stammt die genaueste Schätzung von Roberts aus dem Jahr 1969, in der nach dem Zufallsprinzip 250 ehemalige Boxer aus einer Gruppe von 16781 zwischen 1929 und 1955 registrierten britischen Boxern ausgewählt wurden. In diesem Beispiel wurde behauptet, dass bei 37 Boxern (17 %) klinisch nachweisbare Läsionen des Nervensystems vorhanden waren.

Aktuelle Lage

Viele der jüngsten Spekulationen in den Medien rund um sportbezogene Gehirnerschütterung, insbesondere in Nordamerika, sind auf potenziell langfristige Ergebnisse bei Sportlern mit hoher Exposition von Kopfkontakten (d.h. mit erschütternden und sub-erschütternden Auswirkungen) während einer Karriere in Kontakt-/Kollisionssportarten gerichtet, nicht nur auf Boxer. Die Neuropathologen Dr. Anne McKee und Dr. Bennet Omalu haben die anekdotische Evidenz neuropathologischer Auffälligkeiten/Veränderungen beschrieben, die sie der Teilnahme an Kontakt- oder Kollisionssportarten zugeschrieben haben.

Omalu und Kollegen stellten eine Fallserie zusammen, in der drei neuropathologische Fallstudien von CTE von im Ruhestand befindlichen amerikanischen Profi-Football-Spielern von 2005, 2006 und 2010 veröffentlicht wurden. Zu den in diesen Fällen beschriebenen pathophysiologischen Kennzeichen gehörten die Entwicklung regional-spezifischer, Tau-immunreaktiver neurofibrillärer Pathologie der Neurofibrillen, Astrozyten, in subkortikalen (z.B. Hippocampus, entorhinaler Cortex, Amygdala sowie gesamtes Zwischenhirn und Hirnstamm) und kortikalen Bereichen (z.B. Insel-, Temporal-, Dorsolateral- Parietal-, innerer Occipital- und dorsolateraler Frontalcortex) beobachtete Neuropilen. Während McKee und seine Kollegen eine Reihe von Ergebnissen von Einzelstudien in populärwissenschaftlichen Medien veröffentlicht haben, sind auch zwei Fallstudien in Fachzeitschriften publiziert worden.

Beide betrafen ehemalige Boxer. Der erste Fall starb im Alter von 80 Jahren und umfasste eine sportliche Karriere von 5 Profijahren in seinen späten Jugendjahren. Berichten zufolge hatte er sein ganzes Leben lang unter relativ stabilen kognitiven Problemen gelitten, bis sich eine deutliche kognitive Verschlechterung nach dem 70. Lebensjahr entwickelte. In der Anamnese gab es Alkoholmissbrauch und in der Familienanamnese Morbus Alzheimer. Der computertomografische Scan zeigte eine Groß- und Kleinhirnatrophie.

Der zweite Boxer starb im Alter von 73 Jahren. Er hatte eine 9-jährige Amateurkarriere und eine Profikarriere von 48 Kämpfen hinter sich, darunter zwei Weltmeisterschaften. Etwa 20 Jahre nach dem Rücktritt entwickelte er eine progressive Verhaltensstörung mit Hinweis auf eine Beeinträchtigung in allen kognitiven Bereichen. Das Neuroimaging zeigte eine Großhirnatrophie, ein Cavum septum pellucidum (CSP) und einen lakunären Infarkt im linken Globus pallidus. Er hatte eine Demenz in der Familienanamnese.

Kürzlich fanden wir heraus, dass aktuelle Spieler der australischen Rugby-Union mit einer Eigenangabe von drei oder mehr Gehirnerschütterungen eine langsamere Reaktionsgeschwindigkeit im Vergleich zu Rugby-Union-Spielern zeigten, die während ihrer Karriere keine aufgetretene Gehirnerschütterung gemeldet hatten. Ob dies das Anfangsstadium eines lang dauernden Zustands wie CTE darstellt, ist unbekannt und bedarf weiterer Folgeuntersuchungen, aber diese Ergebnisse lassen sicherlich die Besorgnis hinsichtlich der kognitiven Folgen sich wiederholender sportbezogener Gehirnerschütterung ansteigen.

Fazit

Der wichtigste nächste Schritt im Verlauf der weiteren Abgrenzung dieser Nomenklatur im Zusammenhang mit der potenziellen Beantwortung einiger ungelöster, mit CTE verbundener Probleme ist die Durchführung einer groß angelegten prospektiven, longitudinalen klinisch-pathologischen Studie. Eine solche Studie in einer Gruppe von Athleten stellt eine entscheidende Ressource für die Untersuchung der Zusammenhänge potenzieller neuroanatomischer Veränderungen mit klinischen Symptommanifestationen dar.

Autor: Dr. Andrew Gardner, Prof. Peter Stanwell

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