EMS Training, das Muskeltraining der Zukunft

EMS Training, das Muskeltraining der Zukunft

Wissenschaftliche und praktische Anwendung von Ganz­körper-Elektromyostimulations-Training (GK-EMS) unter besonderer Berücksichtigung des Krafttrainings

GK-EMS-Training ist eine neue Trainingsform, die es im ­Gegensatz zum klassischen EMS-Training ermöglicht, viele Muskelgruppen gleichzeitig anzusprechen. Dabei werden agonistische und antagonistische Muskelgruppen über ­großflächige Elektroden simultan stimuliert.

Die Einsatzbereiche erstrecken sich von Muskelrelaxation über Ausdauertraining mit niedrigen Frequenzen (5–20 Hz) bis hin zum Krafttraining mit relativ hohen Frequenzen (50–100 Hz). Insbesondere im Krafttraining bewirkt GK-EMS ­eine Verstärkung der willkürlichen Kontraktion, die haltend (isometrisch) in einer bestimmten Winkelstellung oder dynamisch über ein bestimmtes Bewegungsausmaß (ROM = range of motion) erfolgen kann. In der Praxis spannt demnach der Trainierende die Muskulatur an oder er bewegt sie, wenn die ­Intensivierung des Reizes durch den aufgeschalteten elektrischen Stimulus erfolgt. Werden viele Muskelgruppen gleichzeitig trainiert, muss das (Kraft)training aufgrund der hohen Reizintensität kurz erfolgen.

Verschiedene wissenschaftliche Studien belegen die oben angeführte Einsatzbreite der Elektromyostimulation. Dazu zählen für GK-EMS z.?B. das Training zur Reduktion von Rücken­beschwerden und Harninkontinenz (mehrere Studien an der Universität Bayreuth). Weitere Anpassungen sind eine erhöhte Rumpfstabilität und die Verbesserung der Maximalkraft in Kombination mit einem klassischen Muskelaufbautraining (Studie an der Deutschen Sporthochschule Köln). Entgegen anders lautenden Aussagen möchte der Autor ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine zu lange Dauer (mehr als 30 Minuten) des GK-EMS (Body Transformer) bzw. eine zu hohe Intensität (zeigt sich z.?B. an sehr hohen Kreatinkinasewerten) zu keinen verbesserten Effekten, sondern lediglich zu verlängerten Regenerationszeiten führen und damit unnötige Gefahren von Überlastungen bieten.

Aufbauend auf diesen Erfahrungen wurde eine weitere Studie an der Deutschen Sporthochschule Köln konzipiert. Hierbei wurden verschiedene Krafttrainingsmethoden (Muskelaufbau-, Maximalkraft-, Kraftausdauer-, GK-EMS (miha bodytec) und verschiedene Mischmethoden) hinsichtlich ihrer Wirksamkeit verglichen. Das GK-EMS-Training wurde mit mittlerer Reizintensität (60?%) durchgeführt. Diese wurde gewählt, um eine Kombination von GK-EMS mit einer dynamischen Bewegungsausführung zu ermöglichen, was bislang kaum wissenschaftlich untersucht wurde. Für die Sportpraxis stellt aber gerade die Dynamik der Bewegungsausführung im Hinblick auf die Schnelligkeit einen entscheidenden Faktor dar.

80 Sportstudenten mit mindestens 2 Jahren Krafttrainingserfahrung trainierten die Beinbeuger- und die Beinstreckmuskulatur an Maschinen (GYM 80) in verschiedenen Gruppen (Maximalkraft, Muskelaufbau, Kraftausdauer, 2x/Woche, jeweils 3 Serien) mit verschiedenen Zusatzlasten (30–90?% der individuellen Maximalkraft (1 Repetition Maximum), 3–15 Wiederholungen). Die GK-EMS-Gruppe führte statt­dessen Ausfallschritte und Kniebeugen ohne Zusatzlast, aber mit elektrischer Stimulation durch (3 Serien, 10 Wiederholungen, Belastung/Pause 6?s/4?s, Impulsfrequenz 85?Hz, Impulsbreite 350??s, rechteckförmiger Impuls).

Das Training aller Gruppen wurde durch ein visuelles Biofeedbackverfahren (mechatronic) standardisiert, sodass die einzelnen Wiederholungen gruppenspezifisch eine feste Vorgabe hatten (z.?B. 2?s konzentrisch (aufwärts), 2?s exzentrisch (abwärts)). Das Training fand 2x/Woche über einen Zeitraum von 4 Wochen statt. Eingangs- und Ausgangstests ­wurden an Kraftdiagnostikgeräten, die mit Kraft- und Wegsensoren (mechatronic) ausgestattet waren, durchgeführt. Hierbei sollten Widerstände von individuell 40 und 60?% der Maximalkraft schnellstmöglich bewegt werden. Gemessen wurde die Dynamik über die Leistung, die sich aus dem Produkt von Kraft [F] und Geschwindigkeit [v] zusammensetzt. Demnach kann die Leistung über die Kraft und/oder die ­Geschwindigkeit gesteigert werden.

Alle Krafttrainingsgruppen konnten die Leistung der Beinstreck- und der Beinbeugemuskulatur signifikant verbessern. Ein wesentliches Ergebnis dieser Studie war, dass dies mit Ausnahme der GK-EMS- und der gemischten GK-EMS-/Muskelaufbau-Gruppe über den Faktor Kraft geschah. Nur die GK-EMS- und die gemischte GK-EMS-/Muskelaufbau-Gruppe wiesen signifikante Ergebnisse in der Verbesserung der Geschwindigkeit auf. Die gemessene Leistung verbesserte sich dementsprechend über eine höhere Geschwindigkeit um ca. 30?%. Dies ist für die Sportpraxis von besonderer Bedeutung, da innerhalb kurzer Zeit die im Allgemeinen nicht einfach anzusteuernde Schnelligkeit verbessert werden konnte.

Eine Erklärung für dieses Ergebnis liegt beim GK-EMS-Training offensichtlich in der direkten Ansteuerung von schnellen Muskelfasern über den elektrischen Stimulus. Darüber hinaus zeigte die Studie, dass der wohldosierte Einsatz von GK-EMS in Kombination mit ­einer dynamischen Bewegungsaus­führung eine vielversprechende Kombination für das Kraft- und Schnelligkeitstraining darstellt.

Autor: Dr. Heinz Kleinöder

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