Fußfehlstellungen, Verletzungen und Überlastungsreaktionen im Laufsport

Akute Verletzungen im Laufsport wie Muskelverletzungen, Sprunggelenkdistorsionen oder Achillessehnenrupturen sind selten. Über 80 % der Beschwerden sind Überlastungsreaktionen an Knie, Fuß oder Achillessehne. Risikofaktoren sind unter anderem Wettkampfsport, hohe Trainingsumfänge, schnelle Steigerung der Trainingsintensität, frühere Verletzungen und Achsfehlstellungen. Insbesondere Personen mit Fehlstellungen des Fußes haben ein erhöhtes Risiko, Beschwerden zu entwickeln.

Laufsport Beschwerden

Der Laufsport erfreut sich uneingeschränkt großer Beliebtheit. Die positiven Effekte des Laufsports auf das Herz-Kreislauf-System und die Psyche sind bekannt und motivieren insbesondere eine große Zahl an Freizeitläufern. Bei 30 bis 50 % der Freizeitläufer kommt es pro Jahr jedoch zu laufassoziierten Beschwerden des Bewegungsapparates. Bei der überwiegenden Anzahl der laufassoziierten Beschwerden handelt es sich um Überlastungsreaktionen. Wissenschaftliche Untersuchungen grenzen das Risiko auf 2,5 bis 5,8 Verletzungen pro 1000 Stunden Laufsport ein, die in über 80 % der Fälle die untere Extremität betrafen. Die Fußform spielt als Risikofaktor für die Entstehung von laufassoziierten Beschwerden eine erhebliche Rolle.

Ein Knickplatt- oder Hohlfuß ist immer mit einer Störung der Biomechanik vergesellschaftet und führt zu einer unphysiologischen Belastung von Gelenken, Sehnen und Bändern. Ist man als Sportmediziner mit Patienten konfrontiert, die Fußfehlstellungen aufweisen, ist für deren Beratung eine Analyse möglicher Ursachen wichtig, insbesondere, um das Risiko für die Entwicklung belastungsabhängiger Beschwerden abzuschätzen und eine adäquate Sportberatung und Schuhversorgung durchzuführen. Die erste Frage, die es bei einer Fußfehlstellung zu beantworten gilt, ist, ob diese bereits seit der Kindheit vorhanden ist und ob bzw. wann Beschwerden auftraten. Bei neu entstandenen Fehlstellungen ist von Bedeutung, ob sich diese spontan oder infolge eines Traumas entwickelt haben. Vor allem posttraumatische Fehlstellungen sollten immer Anlass zu weiterer Diagnostik geben.

Typische Fehlstellungen, Ursachen und Behandlungskonzepte Angeborener flexibler Plattfuß

Hier sinkt das Längsgewölbe bei Belastung stark ein, richtet sich aber im Zehenstand wieder vollständig auf (Abb. 3 u. 4). Eine strukturelle Fehlbildung des Fußes liegt nicht vor. Laufassoziierte Probleme sind vielfältig. Es können Schmerzen im Bereich des Innenknöchels als Zeichen einer Überlastung der Tibialis posterior-Sehne auftreten. Weiterhin ist das Risiko für die Entwicklung von Achillessehnenbeschwerden oder einer plantaren Fasciitis erhöht. Da ein Absinken des Längsgewölbes immer auch mit einer Rotation der Tibia verbunden ist, können auch Kniebeschwerden, Schienbeinschmerzen (Shin splints) bis hin zu Tractus iliotibialis-Beschwerden im Zusammenhang mit einem flexiblen Plattfuß auftreten.

Häufig kann die Fehlstellung durch eine entsprechende Einlagenversorgung oder Stabilschuhe mit besonderer Unterstützung des Längsgewölbes ausgeglichen werden. Zusätzlich sollte die Fußmuskulatur trainiert werden. Übungen z.B. auf der Airex™-Matte, Barfußschuhkonzepte oder intermittierendes Vorfußlaufen sind Möglichkeiten, das Fußtraining in den Alltag zu integrieren (Abb. 1). Weitere medizinische Maßnahmen sind – insbesondere bei Beschwerdefreiheit – nicht notwendig. Sollten doch weiter Schmerzen bestehen, so ist eine umfassende Abklärung der Problematik angezeigt, ggf. in Verbindung mit Ganganalyse und MRT.

Angeborener kontrakter Plattfuß

Beim kontrakten Plattfuß kommt es zu keiner Aufrichtung des Längsgewölbes im Zehenstand. Ursache dieser Fehlstellung ist meist ein fehlerhaft angelegtes unteres Sprunggelenk. Es sind einzelne Gelenkanteile nicht oder nur teilweise angelegt (sog. Coalitio talonavicularis oder calcaneonavicularis). Aufgrund fehlender Gelenkanteile kann sich das Fersenbein nicht normal bewegen und bleibt in der „Plattfußstellung“ fixiert. Typischerweise treten erste Beschwerden zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr auf. Besteht der Verdacht auf eine Coalitio, ist in jedem Fall eine weitere Bildgebung angezeigt (Abb. 2). Kleinere Knochenbrücken können operativ entfernt werden, sodass sich die Bewegung des Fußes normalisiert. Ist eine Wiederherstellung einer normalen Beweglichkeit nicht möglich, muss bei Beschwerden zumindest über eine Korrektur der Fehlstellung nachgedacht werden.

Neu entstandener Plattfuß des Erwachsenen

Bemerkt ein Sportler die Entwicklung eines Plattfußes, so sollte die Ursache weiter analysiert werden. Oft verbergen sich hinter diesem Symptom ernste strukturelle Schäden des Fußes. Die beiden häufigsten Ursachen sind Risse in der Tibialis posterior-Sehne oder Schäden am Innenband. Beide Läsionen können Folgen eines Umknicktraumas des Sprunggelenks sein. Meist bestehen Schmerzen am Innenknöchel. Eine MRT zeigt dabei Lokalisation und Ausmaß des Schadens (Abb. 5). Nach einer meist operativen Rekonstruktion der verletzten Struktur kann durch ein intensives Training der fußstabilisierenden Muskulatur das Risiko eines Rückfalls gesenkt werden.

Angeborene Hohlfußfehlstellung

In der überwiegenden Mehrzahl ist ein Hohlfuß angeboren, d.h., die Form des Fußes ist durch die Stellung und Form der Knochen vorgegeben. Die Variabilität ist groß, vom „hohen Rist“ bis hin zu einer schweren Fehlstellung der Ferse. Anatomisch findet sich neben der Fersenfehlstellung oft noch eine Rotationsfehlstellung des Mittelfußes. Typischerweise werden bei der Hohlfußfehlstellung die Strukturen des Fußaußenrandes stark belastet, insbesondere die Außenbänder und die Peronealsehnen (Abb. 6). Die Fehlstellung begünstigt Umknicktraumata, sodass viele Sportler eine Instabilität des Sprunggelenks aufweisen. Kann durch eine Einlagenversorgung die Stellung der Ferse korrigiert werden, so ist dies die einfachste und risikoärmste Behandlungsoption.

Eine Außenranderhöhung von 3-4 mm entlastet zusätzlich die Peronealsehnen. Für diese Läufergruppe empfehlen sich neutrale Schuhe, die für eine Einlagenversorgung vorbereitet sind. Bei gleichzeitiger Instabilität im Sprunggelenk kann durch Tape oder Bandagen die Stabilität verbessert werden. Je flexibler der Fuß, desto mehr Erfolg hat ein Stabilisationstraining des Sprunggelenks. Übungen auf der Airex™-Matte, Kippelbrett oder auch Übungen mit Schuhen wie dem Reebok Easy Tone helfen, die Kraft und Koordination der sprunggelenkstabilisierenden Muskulatur zu verbessern.

Reichen die genannten Maßnahmen nicht aus, die Beschwerden zu beseitigen, sollte eine umfassende weitere Abklärung der Fußstatik und möglicher Ursachen erfolgen. Mögliche Behandlungsoptionen umfassen die Bandstabilisierung am Sprunggelenk, die Versetzung von Sehnen zur Verbesserung der aktiven Stabilität bis hin zu knöchernen Korrekturen.

Erworbene Hohlfußfehlstellung

Entwickelt sich eine Hohlfußfehstellung beim Erwachsenen, so sollte dies stets weiter untersucht werden. Eine Reihe neurologischer Erkrankungen, die sich im Erwachsenenalter manifestieren (z.B. Charcot Marie Tooth, Friedreich Ataxie), gehen mit der Entwicklung eines Hohlfußes einher. Hier richtet sich die Behandlung nach dem zu Grunde liegenden neurologischen Problem.

Bei Sportlern deutlich häufiger sind eine chronische Außenbandinstabilität oder ein Riss der Peronealsehnen als Ursachen einer progredienten Hohlfußstellung anzusehen. Die Behandlung zielt darauf ab, die verletzte Struktur zu rekonstruieren. Je früher dies erfolgt, desto besser sind die Chancen, eine dauerhafte Fehlstellung zu vermeiden. Nach einer operativen Intervention schließt sich eine intensive Rehabilitation an, um die aktive Stabilisierung des Sprunggelenks zu optimieren.

Fazit

Fehlstellungen des Fußes erhöhen das Risiko für laufassoziierte Verletzungen. Plattfuß und Hohlfuß sind die typischen Formen, die in sehr unterschiedlicher Ausprägung vorliegen können. Als erste Maßnahme empfiehlt sich für Läufer mit einem flachen Längsgewölbe ein Stabilschuh oder ein Neuralschuh mit einer abstützenden Einlagenversorgung. Bei Sportlern mit Hohlfuß kann durch eine Außenranderhöhung eine Entlastung der lateralen Strukturen erreicht werden. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, sollte eine weitergehende Abklärung erfolgen, um gravierende Schäden nicht zu übersehen und um ggf. eine weitergehende Behandlung einzuleiten.

Autor: Prof. Dr. med. Markus Walther

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