Im Handballsport wird das Schultergelenk hoch belastet. Insbesondere bei Spielern auf der Rückraumposition finden sich teilweise schon in jungen Jahren erhebliche Schäden an der Rotatorenmanschette und am Knorpel. Auffällig ist häufig eine erhebliche Diskrepanz zwischen relativ geringen Beschwerden und schon fortgeschrittenen Läsionen der anatomischen Strukturen.
Handballsportler sind oft relativ schmerzunempfindlich. Die Symptome sind häufig diffus und nicht eindeutig lokalisierbar. Die Röntgen- und MRT-Diagnostik liefert in vielen Fällen keine eindeutigen pathologischen Befunde. Viele Sportler werden uns mit der Diagnose Werferschulter, Impingement oder Verdacht auf SLAP-Läsion nach ausgereizter konservativer Behandlung zugewiesen. Bei einem Teil der Sportler lassen sich muskulär-funktionelle Defizite als Ursache nachweisen, in vielen Fällen bleibt die Diagnostik aber ohne eindeutigen Befund.
Insbesondere höherklassig aktive Spieler entscheiden sich dann für eine arthroskopische Abklärung bei therapieresistenten Beschwerden. In den letzten Jahren fiel uns bei dieser Gruppe auf, dass wir überproportional häufig deutliche Knorpelläsionen sowohl humeral als auch glenoidalseitig nachweisen konnten (Abb.1+2). In der Mehrzahl der Fälle finden sich glenoidale Knorpelläsionen anterior-inferior bei Teilschäden des anterioren Labrums oder des Kapsel-Band-Komplexes, wohl als Folge stattgefundener rezidivierender Mikrotraumatisierungen (Abb.3). Die Knorpelschäden sind meistens lokal begrenzt in einer Größenordnung von etwa 1cm Durchmesser.
Therapie
Die Knorpelschäden werden bei der Arthroskopie der Schulter in den meisten Fällen als intraoperativer Zufallsbefund nachgewiesen. Die Therapie umschriebener Knorpelschäden an der Schuler beim jungen Sportler wird kontrovers diskutiert. Eindeutige Therapierichtlinien existieren angesichts der relativ geringen Fallzahlen noch nicht. In der Literatur werden im Wesentlichen persönliche Erfahrungen im Rahmen von Einzelfallberichten dargestellt.
Bei umschriebenen glenoidalen Knorpeldefekten können wir über gute Erfahrungen mit der Mikrofrakturierung berichten, wenn der Defekt anterior inferior in Verbindung mit einer Labrumläsion auftritt. Zunächst sollte eine vollständige Kürettage der Defektzone des Knorpels bis auf den Knochen erfolgen, sämtliche instabilen Knorpelreste müssen entfernt werden. Die Ränder der Läsion müssen stabil und intakt sein (Abb.4). Danach wird der Labrumschaden mit den bekannten und etablierten arthroskopischen Techniken rekonstruiert, um einen contained Defekt zu erzeugen zur Aufnahme des Blutclots nach der folgenden Mikrofrakturierung (Abb.5). Danach werden knöcherne Perforationen mit dem gebogenen Instrument gesetzt (Abb.6).
Die richtige Tiefe ist erreicht, wenn sich bei Ablassen des Wasserdruckes Blutfontänen aus den Perforationen entleeren (Abb.7). Die Bildung eines Blutclots wird arthroskopisch nach Ablassen des Wassers kontrolliert (Abb.8). Die Nachbehandlung erfolgt funktionell nach den Vorgaben einer arthroskopischen Stabilisierung ohne Gewichtsbelastung und mit Sportpause für Schultergelenksbelastungen von mindestens sechs Monaten. Dass sich bei dieser Technik tatsächlich ein Knorpelregenerat bildet, konnten wir durch eine Kontrollarthroskopie ein Jahr nach der Primärversorgung bei zwei Patienten nachweisen (Abb.9).
Fazit
Bei Handballsportlern können Knorpelschäden, die sich bei der üblichen Diagnostik nicht nachweisen lassen, Ursache für therapieresistente Beschwerden sein. Insbesondere dann, wenn in der MRT-Untersuchung sämtliche andere Strukturen ohne Pathologie dargestellt werden oder wenn sich Teilläsionen des Labrums zeigen. Umschriebene glenoidale Knorpeldefekte in Kombination mit Labrumläsionen lassen sich mittels Mikrofrakturierung behandeln und in Einzelfällen konnte durch eine Kontrollarthroskopie die Bildung eines Knorpelregenerates gesichert werden. Unklar ist, ob der Ersatzknorpel dauerhaft die weitere Belastung im Überkopf- und Wurfsport toleriert.
Autor: Dr. med. Thomas Ambacher
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